von Norbert Allnoch
Als das Kyoto-Protokoll 1997 verabschiedet wurde, da ahnte wohl kaum jemand, wie lang der Weg zur realen Reduktion von Treibhausgasen sein würde. Tatsächlich hat das erste globale Klimaabkommen nie die hohen Erwartungen erfüllen und eine quantitative Wirkung entfalten können. Ursache war ein Systemfehler, der mit eingewoben wurde: CO2-Obergrenzen für Länder. Im Ergebnis führte der Kyoto-Obergrenzenansatz später zu lähmenden Abwehrmechanismen von Ländern und gegenseitigen Schuldzuweisungen. Entwicklungsländer sahen sich nicht in der Verantwortung, weil sie kaum Treibhausgase ausstoßen und unter den Folgen des Klimawandels leiden. Schwellenländer wie China fühlten sich in dem wirtschaftlichen Aufholprozess gegenüber den Industrieländern behindert. In den Industriestaaten wiederum drohte die Wirtschaft reflexartig und regelmäßig mit dem Verlust von Arbeitsplätzen und deren Verlagerung ins Ausland. Tiefpunkt der Obergrenzen-Ära war das Scheitern der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen.
Investitions-Rankings statt Bestrafungsmodelle
Staatenlenker wollen weder Einmischung noch sich Begrenzung ihres Handelns von Dritten vorschreiben lassen. Auch daran ist der Kyoto-Ansatz mit Obergrenzen gescheitert. Was funktioniert sind Ansätze, mit denen die Staatschefs im internationalen Ranking glänzen können, beispielsweise mit Investitionen. Solche auf dem Aktionsansatz basierenden Denkansätze gibt es schon seit 2009 beispielsweise mit dem CERINA-Plan (CO2 Emissions and Renewable Investment Action Plan). Der CERINA-Plan verbindet Klimaschutz mit Investitionen. Die direkte Kopplung von Investitionen in erneuerbare Energien an den jährlichen CO2-Anteil eines Landes führt dazu, dass Länder mit hohem CO2-Emissionen verursachergerecht höhere Investitionen als Mindest-Zielmarke erhalten als Länder mit niedrigem Ausstoß an Treibhausgasen. Länderübergreifend kann so das gemeinsame Ziel erreicht werden, den globalen CO2-Anstieg zu stoppen bzw. zu reduzieren. Ein Ranking über die Höhe der getätigten Investitionen nach Ländern vor jeder UN-Klimakonferenz hat eine deutlich höhere Wirkung aus als jede Warnung vor der drohenden Klimakatastrophe.
Klimaabkommen von Paris - der Paradigmenwechsel
Es ein großes Verdienst der Staatengemeinschaft, dass 2015 mit dem Pariser Klimaabkommen die CO2-Obergrenzen-Ära endgültig beendet und ein Paradigmenwechsel zum Aktionsansatz vollzogen wurde. Marrakesch ist das erste Jahr, in dem aktive Länderbeiträge im Vordergrund stehen. Damit beginnt aber die eigentliche Arbeit erst. Was derzeit fehlt, ist eine länderübergreifende Klammer, ein Modell mit quantitativen Beiträgen, bei dem alle mitmachen können und das Belohnungssystem bedient wird. Von Kyoto bis Paris hat es fast 20 Jahre gedauert, um den grundsätzlichen Wandel vom Begrenzungs- zum Aktionsansatz der Länder zu vollziehen. Bleibt dennoch zu hoffen, dass bei allem medienwirksamen Aktionismus und Vollgasgetöse der Politiker nicht vergessen wird, auch den Gang einzulegen.
Dr. Norbert Allnoch
Internationales Wirtschaftsforum
Regenerative Energien (IWR)
21.11.2016