Klima: Zum Schutz des globalen Klimas ist eine Begrenzung der Treibhausgase mit festen CO2-Obergrenzen erforderlich. Das geht nur mit einem weltweiten Klimaschutz-Abkommen wie das Kyoto-Protokoll. Dieses setzt auf staatliche Selbstbegrenzung.
Fakten
Fakt ist: Das Kyoto-Protokoll als Klima-Instrument mit seinem Mechanismus funktioniert nicht bzw. wird mehrheitlich politisch nicht akzeptiert. Die globalen CO2-Emissionen haben im Jahr 2015 mit 35,8 Mrd. t wieder einen neuen Rekordwert erreicht. Seit 1990 sind die energiebedingten CO2-Emissionen bereits um fast 60 Prozent gestiegen. Die Ergebnisse der alljährlichen Klimakonferenzen der Vereinten Nationen und die rasante Entwicklung der weltweiten CO2-Emissionen zeigen, wie hilflos die Weltgemeinschaft nach dem Bericht des Club of Rome (1972), dem Weltgipfel in Rio de Janeiro (1992) und dem Weltklimagipfel im japanischen Kyoto (1997) seit mittlerweile Jahrzehnten in Sachen Klima agiert. Nunmehr ist vorgesehen, dass 2015 in Paris ein weltumspannender Vertrag zum Schutz des Klimas mit über 190 Ländern geschlossen wird, der 2020 in Kraft treten soll. Zeit, über einen Paradigmenwechsel nachzudenken und Alternativen zu entwickeln.
1. Der weltweite CO2-Ausstoß liegt 2015 schon fast 60 Prozent über dem Jahr 1990
In den neunziger Jahren war die Staatengemeinschaft bereits der Ansicht, dass die CO2-Emissionen zu hoch und gegenüber dem Stand von 1990 (!) zu verringern sind. Das Ergebnis: Trotz des Kyoto-Protokolls und der jährlichen Klimaschutz-Verhandlungen mit fast 200 Staaten ist in den vergangenen Jahren keine Senkung der CO2-Emissionen erreicht worden. Im Gegenteil: Im Jahr 2015 wurde mit 35,8 Mrd. Tonnen CO2 ein neuer Rekord erreicht. Das ist eine Steigerung um knapp 60 Prozent gegenüber 1990 (22,7 Mrd. t), dem Basisjahr für das Kyoto-Protokoll. Im Zeitraum von 1965 bis 2015 sind die energiebedingten und vom Menschen verursachten weltweiten Kohlendioxid-Emissionen nach IWR-Berechnungen bereits auf insgesamt 1.180 Milliarden Tonnen angewachsen. Schreibt man die aktuelle Entwicklung des jährlichen CO2-Ausstoßes bis zum Jahr 2020 fort, dann erhöhen sich die durch die menschliche Nutzung fossiler Energieträger entstehenden Emissionen in Summe - in weniger als 60 Jahren - auf knapp 1.400 Milliarden Tonnen Kohlendioxid.
2. Der Klimawandel und das unsichtbare Risiko
Kritiker des Klimawandels weisen gerne daraf hin, dass es schon immer wärmere und kältere Zeiten auf der Erde und damit der Klimawandel auch schon immer stattgefunden hat. Gleichwohl haben auf diesem blauen Planeten Erde noch nie mehr als sieben Milliarden Menschen gelebt, die alle ernährt werden wollen. Kaum jemand dürfte persönlich bereit sein, Klimaflüchtlinge aufzunehmen, weil die angestammten Lebensräume nicht mehr genutzt werden können. Weil CO2 als unsichtbares Gas in der Atmosphäre entsorgt wird, ist das Risiko des einzigartigen geophysikalischen Welt-Experiments für den einzelnen Menschen nicht sichtbar, spürbar und auch nicht greifbar. Wäre der weltweite jährliche "Abfall" von 36 Milliarden t CO2 kein unsichtbares Gas, sondern wie bei der Verschmutzung von Flüssen sichtbar oder anfühlbarer, würde die Menschheit das Problem mit anderen Augen sehen. Dann müsste allein jeder Deutsche jährlich im Durchschnitt 10.000 kg CO2 entsorgen.
3. Klima und Politik: Die Kyoto-Sachgasse - warum das Kyoto-Protokoll als Begrenzungsansatz scheitert
Das 1997 verabschiedete Kyoto-Protokoll ist zwar ein erster Meilenstein in der Geschichte der Klimapolitik, aber vom Ergebnis her betrachtet ist kaum eine Wirkung messbar. Es wird seinem Anspruch nicht mehr gerecht, da nur noch 37 Staaten daran teilnehmen. Im Ergebnis funktioniert der im Kern des Kyoto-Protokolls verankerte Begrenzungs- bzw. Bestrafungsansatz in Verbindung mit den CO2-Obergrenzen nicht, denn in jedem Land reagiert die Wirtschaft auf eine mögliche CO2-Begrenzung reflexartig mit Arbeitsplatz-Abbau und Auslandsverlagerung.
4. Lösung: Denken in 'Investitionen' statt in 'CO2-Obergrenzen' - wie der CERINA-Plan funktioniert
Der Klimaschutz braucht einen Neustart in Form eines wirtschaftsfreundlichen Ansatzes. Ein Investitionsimpuls als Teil eines positiv besetzten Anreizsystems ist von den Politikern eines Landes der Bevölkerung und insbesondere der Wirtschaft eher vermittelbar als eine wie auch immer geartete Begrenzung. Ein klimafreundliches Investitions-Ranking dürfte wirkungsvoller sein als ein Länderranking mit den größten „CO2-Sündern“. Der vom IWR 2009 nach der gescheiterten UN-Klimakonferenz in Kopenhagen entwickelte CERINA-Plan (CO2-Emissions and Renewable Investment Action Plan) stellt den Investitions-Grundgedanken und Investitons-Beitrag der Länder in klimafreundliche Energietechniken in den Vordergrund.
Das Grundprinzip und die Funktionsweise des CERINA-Plans
Das CERINA-Plan Prinzip: Der globale Anstieg der Emissionen, d.h. das Wachstum, ist mit rd. 500 - 700 Mio t CO2 jährlich sehr genau bekannt. Rückwärts bzw. vom Ergebnis her gerechnet kann ermittelt werden, wie hoch die jährlichen Investitionen in regenerative bzw. CO2-freie Techniken sein müssen, um diesen globalen CO2-Zuwachs zu kompensieren und damit den CO2-Anstieg zu stoppen. Nach IWR-Berechnungen sind das weltweite Investitionen in Höhe von jährlich rd. 500 Mrd. Euro.
Investitions-Beiträge der Länder und Verursacher gerechte Verteilung auf die Staaten
Der zweite Schritt ist die verursachergerechte Verteilung der Investitionen auf die Länder. Die Verteilung setzt im IWR-Modell am CO2-Ausstoß eines Landes selbst nach dem Grundprinzip an: je höher der CO2-Ausstoß eines Staates, je höher die Investitionen.
Aus der Gesamthöhe der Investitionen und dem gesamten weltweiten CO2-Ausstoß ist es möglich, einen Investitions-Verrechnungssatz pro Tonne CO2 (16 Euro pro t CO2) zu ermitteln. Weil für jeden Staat die CO2-Emissionen bekannt sind, kann recht einfach die Höhe der nationalen Investitionen in CO2-freie Techniken berechnet werden (CERINA-Tabelle 2014), um den jährlichen globalen CO2-Anstieg zu stoppen. Ein höherer Verrechnungssatz führt zu einer stärkeren Absenkung des weltweiten CO2-Ausstosses.
Länder haben Handlungs-Optionen
Vorteile für die Länder: jedes Land hat zwei Optionen: Maßnahmen zur nationalen CO2-Minderung wie Wärmedämmung, Emissionshandel, Energieffizienz-Maßnahmen, etc. senken die Höhe der notwendigen EE-Investitionen. Die EE-Investitionen selbst senken den CO2-Ausstoß. In Summe und im Ergebnis führen beide Wege zu einem geringeren globalen CO2-Ausstoß. Ein Handlungs-Stillstand wird erschwert.
5. Fazit
Vor allem die Klima- und Umweltschützer fordern in ihren Statements immer wieder eine Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Genau diese Forderung der Begrenzung führt in der Politik reflexartig zu Strategien, Konzepten und Maßnahmen, den CO2-Ausstoß direkt über CO2-Obergrenzen einzudämmen. Allein die Einigung zwischen den Staaten fällt schwer, weil direkt in die empfindlichen Eigeninteressen eingegriffen wird. Befürchtungen von Staaten, benachteiligt zu werden oder unbeabsichtigte Wettbewerbsnachteile für das eigene Land zu fixieren, lassen ein Begrenzungs-Klimaschutzabkommen wie das Kyoto-Protokoll scheitern.
Mit dem CERINA-Investitionsmodell wird die Negativ- und Misstrauensspirale durchbrochen. Investitionen, technische Innovationen und wirtschaftlicher Wettbewerb sind positiv besetzt. Begrenzungen im Handeln (Kyoto-Protokoll) ist dagegen negativ besetzt. Würde in den Klimakonferenzen über Investitionsziele in klimafreundliche bzw. CO2-freie Techniken verhandelt, dann könnte quasi als "positiver" Begleiteffekt die gewünschte CO2-Minderung über einen wirtschaftsfreundlichen Ansatz erreicht werden. Auf der Klimakonferenz in Paris 2015 wurde ein erster Schritt auf diesem Weg getan. Die Staaten haben auf dieser UN-Klimakonferenz erstmals ihre nationalen Klimaschutzziele und -aktionen eingebracht. Bis zu einer investitionsorientierten UN-Klimakonferenz ist es dann nicht mehr weit.
Links
1. CERINA-Plan Initiative (Webseite) Klimaschutz und Klimawandel: CERINA-Investitionsmodell statt Kyoto-Begrenzungsmodell - CO2-Emissionen und regenerative Investitionen nach Ländern 2014
2. Gesprächs-Einladung vom mexikanischen Staatspräsidenten Calderon, Vorstellung CERINA-Plan im Vorfeld von Cancun 2010
3. United Nations Conference on Trade and Development: Recent developments and new challenges in commodity markets, and policy options for commodity-based inclusive growth and sustainable development (Seite 13 English)
4. Reuters: China, U.S. green spending falling far short, says Germany's IWR
Publikationen, Vorträge und Interviews
1. Vortrag "Globaler Klimaschutz und der CERINA-Plan", 12. Symposium Mensch –
Umwelt „Das Kohlendioxid-Problem", Erfurt, Akademie gemeinnütziger Wissenschaften ,
8. November 20133
2. Allnoch, N: (2009): Der CERINA-Plan - eine Alternative zum Kyoto-Instrument In: Tagungsband ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) 2009: "Forschen für globale Märkte Erneuerbarer Energien", S. 48 - 50. (english version: The CERINA Plan – An alternative to the Kyoto instrument)
Interviews1. Interview mit Dr. Norbert Allnoch zum Thema globaler Klimaschutz und dem CERINA-Plan (CO2 Emissions and Renewable Investment Action Plan): "Investieren und nicht feilschen", in: Sonne, Wind & Wärme 06/2015, S. 6 -8.
2. Westfälische Nachrichten: Klimagipfel in Doha: Drei Fragen an: Dr. Norbert Allnoch
IWR-Pressemitteilungen zum weltweiten CO2-Ausstoß und CERINA-Plan
1. Rekord: Weltweiter CO2-Ausstoß steigt 2013 erstmals auf über 35 Milliarden Tonnen (15.08.2014)
2. Klimaschutzziele in Deutschland bis 2020 nicht zu erreichen (04.12.2013)
3. Klima: Weltweiter CO2-Ausstoß steigt 2012 um 1,3% auf einen neuen Rekordwert (08.11.2013)
4. Klimaschutz braucht Neustart: Investieren statt begrenzen (11.12.2012)
5. Klima: Weltweiter CO2-Ausstoß steigt 2011 auf neues Rekordniveau (13.11.2012)
6. Klimaschutz: Weltweit höhere Investitionen in erneuerbare Energien notwendig (06.09.2011)
7. IWR: Klimaziele werden mit dem Kyoto-Modell nicht erreicht (04.07.2011)
8. Cancún: Klimaschutz in der Kyoto- und Konsensfalle (13.12.2010)
9. Weltweit investieren für den Klimaschutz - CERINA-Plan in 15 Sprachen online (06.10.2010)
10. Wirtschaftskrise bremst weltweite CO2-Emissionen (12.08.2010)
11. Klimaschutz nur heiße Luft – Weltweite CO2-Emissionen auf Rekordniveau (10.08.2009)
12. China steigert Treibhausgase auf Rekordniveau (07.08.2008)
13. Klimaschutz: Weltweiter CO2-Ausstoß steigt immer schneller an (24.09.2007)
14. CO2-Ausstoß: China überholt USA im Jahr 2008 (30.11.2006)
Ausgewählte IWR-Presseresonanz zum Klimaschutz und CERINA-Plan in nationalen und internationalen Medien
1. China, U.S. green spending falling far short, says Germany's IWR (Reuters-Meldung v. 08.11.2013)
2. CERINA-Plan Reuters Point Carbon
3. Westfälische Nachrichten (WN): Klimagipfel von Doha: Drei Fragen an Dr. Norbert Allnoch (inkl. CERINA-Plan)
4. National Geographic (USA): Climate Change a Focus for President in Second Term
5. Insituto Carbono Brasil: Recorde: Emissões chegam a 34 bilhões de toneladas métricas em 2011
6. The Financial Express (Bangladesh): BD needs $1.27b investment to face climate change impacts
7. The Australian: New global CO2 emissions record in 2011
8. AFPBB News (japanisch): 2011年の世界CO2排出量は過去最高、1位は中国
9. AFP Global CO2 emissions 'hit new record'
10. BBC MUNDO, Interview mit Dr. Allnoch Bajaron las emisiones de CO2
11. Reuters: Global 2008 CO2 emissions rose 2 percent: German institute
12. Financial Bangladesh: BD needs $1.27b investment to face climate change impacts
13. The Sydney Morning Herald: C02 emissions hit new record on China surge
14. Weitere Medien-Resonanzen mit IWR-Zitaten zum Cerina Plan und weltweiten CO2-Ausstoß
Jahre: 2009, 2010 , 2012, 2013,
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